Aktuell (November 2016) grassiert wieder die Vogelgrippe in Deutschland. Auf einem Hof in Schleswig-Holstein ist der Sub-Typ H5N8 aufgetreten, was zur Folge hatte, dass der gesamte Bestand von 30.000 Tieren getötet werden muss(te). Zum ersten Mal war eine geschlossene Massentierhaltung betroffen. Normalerweise sind besonders Tiere in Freilandhaltung gefährdet, wenn der Erreger bei dem natürlichen Reservoir, den Wildvögeln (vorwiegend Wasservögeln), aufgetreten ist, weswegen als erstes Stallpflicht in gefährdeten Gebieten verordnet wird.

Die Vogelgrippe hat viele Namen: Aviäre Influenza, hochpathogene aviäre Influenza (HPAI), Vogelgrippe, Geflügelpest, Geflügelpocken (engl.: fowl pox) und eine ganze Reihe an Subtypen mit komischen Namen nach dem Schema H[x]N[y]. Sie tritt regelmässig auf und man denkt dann immer: ‘Oh, die Vogelgrippe ist zurück’, dabei war sie niemals weg. Pragmatisch gesagt handelt es sich dabei um Vogelkacke, konserviert im Eis für Jahrmillionen.

Das Prinzip ist tatsächlich so, dass die Viren über Vögel im Herbst während der Flüge in wärmere Gefilde durch Vogelkacke ihren Weg auf Wasseroberflächen finden, dann mit einfrieren und im Frühjahr nach dem Schmelzen rufen können: “Ich bin wieder da!” Etwas ungünstig ist dies in Gegenden, wo das Eis nicht regelmässig auftaut, sondern auch für mehrere Jahre gefroren bleibt. Dort können sie dann irgendwann rufen: “Wir sind wieder da! Und meine Onkels und Tanten von vor tausend Jahren auch!” [ZHANG et al. 2006] ((Studie: “Evidence of Influenza A Virus RNA in Siberian Lake Ice” – Journal of Virology, Dec. 2006)) [HURT et al. 2014] ((Studie: “Detection of Evolutionarily Distinct Avian Influenza A Viruses in Antarctica” – mBio Journal of the American Society for Microbiology)) Genauso kann das Virus natürlich während der Zugperioden leicht von A nach B getragen werden.

Die Vogelgrippe ist also ein immerwiederkehrendes Übel – weltweit- mit dramatischen Auswirkungen vor allem für, ihr ahnt es, Vögel. Während sich das Virus im Eis und in Vögeln besonders wohl zu fühlen scheint, ist es aber mit Hitze und einfachen Desinfektionsmitteln gut zu bekämpfen. Jetzt können einige der Viren aber nicht nur Vögeln was anhaben, sondern auch Menschen, Hunden, Frettchen und Katzen und deswegen gibt es diesen Artikel.

Die Frage ist nämlich: Kann sich meine Katze infizieren und daran sterben?

Die schnelle Antwort ist: Ja, kann sie und sie kann auch daran sterben.

Warum das Risiko aber trotzdem relativ gering ist und ihr in den meisten Punkten eine entspannte Haltung einnehmen könnt, das kommt jetzt. Aber dafür müsst ihr wohl oder übel weiterlesen.

Für Mensch und Katz ist besonders der Subtyp H5N1 gefährlich. Bevor man in Panik verfällt, sollte man sich also erstmal anschauen, von welchem Subtyp die ganzen Schlagzeilen “Der Tod kommt mit dem Vogel” da so sprechen. Vielleicht müsste die Schlagzeile eher heissen “Vögel infiziert – Kater hat Hüsterchen gemacht.” Bisher war das bei Katzen auch so, aber Viren verändern sich und dank der Konservierung gibt es heute eine bunte Palette von HPAIVs. Dass Katzen sich ebenfalls infizieren können ist sogar relativ neu (1996). Allgemein wurde beobachtet, dass das Virus (H5N1) die Fähigkeit weiterentwickelt hat, sich an Rezeptoren von Säugerzellen zu binden. Vorsicht ist also immer angebracht, aber man muss nicht gleich in Panik verfallen. Also aktuell. Zukünftig vielleicht.

Mit Hüsterchen haben wir auch schon galant die Überleitung zum nächsten Thema gemacht. Da ist nämlich die Frage, wie so eine Infektion auf die Katze überhaupt übertragen werden kann und wie sich das bemerkbar macht.

Vorweg: Die vorliegenden Erkenntnisse beziehen sich vorwiegend auf den Subtyp H5N1. Sofern Merkmale eines anderen Subtyps erwähnt werden, steht es explizit dabei.

Die Katze kann sich mit dem Virus infizieren, indem sie sich mit infizierten Vögeln abgibt und es einatmet oder Kot aufnimmt (unwahrscheinlich), infizierte Vögel fängt und vor allem frisst (wahrscheinlich) oder infiziertes Geflügelfleisch/Eier in der Rohmahlzeit mitfuttert (in der EU unwahrscheinlich).

Foto: Rihaij (Pixabay) unter CC0 Lizenz

Foto: Rihaij (Pixabay) unter CC0 Lizenz

Zu einer Infektion gehört auch eine gewisse Menge an Viren, damit die Katze überhaupt erkrankt. Der Kontakt mit Vogelkot gilt z. B. als sehr unwahrscheinlich, da die Menge der Viren nicht ausreicht. So konnten zum Beispiel horizontale Übertragungen des H5N1-Virus von einer Katze auf eine andere Katze nur mit hohen Virenbelastungen induziert werden, wie sie in der Natur gar nicht vorkämen.

Die Symptome bei der Katze sind vor allem respiratorischer Art, betreffen also die Atmung und dabei steht die Lungenentzündung, die Pneumonie, im Vordergrund. Von der bakteriell verursachten Pneumonie unterscheidet sie sich kein bisschen. Weiterhin tritt wahrscheinlich Fieber auf, die Katze ist matt und hat wenig Appetit und neben Augenentzündungen können sogar neurologische Symptome wie Krampfanfälle und Gleichgewichtsstörungen (Ataxie) auftreten. Ein Nasenausfluss war auch meist zu beobachten. Organschäden treten an Lunge und Leber auf.

KUIKEN at al. veröffentlichten 2004 einen Artikel über HPAIV-Infektionen bei Katzen ((Artikel: “Avian H5N1 Influenza in Cats” 2004 im Science Magazin)) und dort wurden 3 Katzen experimentell mit der 2.5-fachen Menge einer normalen Dosis des H5N1 Virus infiziert, wovon eine Katze plötzlich nach 6 Tagen starb. Alle zeigten nach 1-2 Tagen Symptome, wobei die anderen beiden aber nur einen mittleren Verlauf hatten und wahrscheinlich nicht gestorben wären. Sie wurden am 7. Tag getötet (Rest in peace, Kumpels *sniff*) und untersucht und die Lunge zeigte ebenfalls deutliche Merkmale einer HPAIV-Infektion. Es wurden ebenfalls Versuche mit dem für Menschen infektiösen H3N2-Typ gemacht und dort zeigten die 3 neuen Testkatzen wiederum keinerlei Symptome.

Weiterhin gab es bekannte Infektionen bei Tigern und Leoparden in Zoos sowie Katzen auf verschiedenen Kontinenten, vor allem in Asien. Zumeist nach dem Verzehr von infizierten Hühnern. In Bangkok wurden bei 7% aller (gesunden) Katzen Antikörper gefunden. In Indonesien waren es sogar 20%. LESCHNIK et al. untersuchten 155 Katzen, die möglichen Kontakt mit einem infizierten Schwan (und vermutlich anderen Vögeln) in einem Tierheim in Österreich hatten. ((Artikel: “Subclinical Infection with Avian Influenza A (H5N1) Virus in Cats” – 2007 – Emerging Infectious Diseases Magazine)) Dabei wurden mehrfach Untersuchungen durchgeführt und direkt am 8. Tag nach dem möglichen Kontakt wurden 3 Katzen positiv nach einem Rachenabstrich auf H5N1 getestet. Keine dieser Katzen zeigte Symptome.

Auf Rügen wurden bei 3 toten Katze das H5N1 Virus und auch die typischen Veränderungen histopathologisch nachgewiesen, so dass wahrscheinlich auch das Virus massgeblich für den Tod verantwortlich ist. ((Studie: “Distribution of Lesions and Antigen of Highly Pathogenic Avian Influenza Virus A/Swan/Germany/R65/06 (H5N1) in Domestic Cats after Presumptive Infection by Wild Birds” KLOPFLEISCH et al. – 2007))

Eine Übertragung der Vogelgrippe – egal welchen Strangs –  von der Katze auf den Menschen oder andere Tierarten ist weltweit noch nicht vorgekommen. Generell scheinen Katzen und Frettchen etwas empfänglicher zu sein als Hunde.

Betroffene Vogelarten sind Hühner (Eintagsküken), Puten, Enten, Fasane, Wachteln, Gänse und Tauben. Bei Singvögeln ist bisher keine H5N1 Infektion nachgewiesen worden.

Wurden positive Fälle nachgewiesen, wird in einem seuchenhygienisch gemaßregelten Radius von 3km um den Infektionsherd eine Sperrzone errichtet und in einem Radius von 10 km eine Beobachtungszone – hierbei ist es egal, um welchen Subtypen es sich handelt (!) Innerhalb dieser beiden Zonen dürfen Katzen (auch im eigenen Interesse) nicht frei herumlaufen. Freigänger müssen im Haus behalten werden. Hunde müssen angeleint werden. Darüberhinaus gibt es noch eine Kontrollzone, die einen Gesamtradius von 13 Kilometern hat. Alle drei Zonen sind durch Schilder an den Hauptzugangswegen kenntlich gemacht. Bei weiteren Fragen geben die Ordnungs-, die Veterinär- und/oder die Gesundheitsämter des Landes Auskunft.

Dies dient in erster Linie dazu, damit infizierte Vögel nicht weiter herumgetragen werden und so die Seuche weiter verbreitet wird.

Ist die Katze infiziert, sollte sie in Quarantäne gesetzt und entsprechend einer Viruserkrankung behandelt werden. Die Prognosen sind variabel. Die Katze scheidet das Virus für maximal 2 Wochen aus, dabei aber in deutlich geringerer Menge, als ein infizierter Vogel dies täte.

Was bedeutet das jetzt für die Rohfütterung?

Das Virus stirbt beim Einfrieren nicht ab. Ein großer Teil der für Katzen erhältlichen ganzen Beutetiere (Prey Model Raw) oder Teilen von Beutetieren (Frankenprey) wird durch die obige Liste der betroffenen Vogelarten abgedeckt.

Mitunter ist die Herkunft der Beutetiere nicht bekannt. Hier sollte man beim Lieferanten nachfragen, ob die Betriebe den hygienischen Bestimmungen der EU Richtlinien unterliegen. Beutetiere sind teilweise eine Grauzone und ob sich jemand seines frisch infizierten Bestands entledigen möchte, weil es ja eh nur Tierfutter ist, bekommt man mitunter nicht mit. Generell ist zu sagen, dass eine Infektion für die Katze möglich ist. Allerdings ist sie gemessen an den aktuellen Zahlen äußerst unwahrscheinlich.

Bei Geflügelfleisch im Handel ist eine Belastung eher unwahrscheinlich, da sie durch die normalen Kontrollinstanzen weitgehend ausgeschlossen wird.

Beim aktuell auftretenden H5N8-Typ ist die Gefährdung noch geringer als bei H5N1 und somit auch eine Infektion für die Katze noch unwahrscheinlicher. Wir haben für eine natürliche Infektion mit tödlichem Ausgang bei H5N8 keinen einzigen Fall gefunden.

Wichtig: Der Artikel stellt den aktuellen Stand der Wissenschaft dar. Es ist NICHT ausgeschlossen, dass zukünftige Mutationen genauso reagieren werden. Sehr wahrscheinlich sogar werden sie sich immer mehr anpassen. Man sollte also Warnungen bei JEDER Infektionswelle ernst nehmen und ein Auge auf aktuelle Studien und Erkenntnisse haben.