Da haben wir ja seit gestern angefangen zu recherchieren, nachdem eine Meldung bei Facebook die Runde gemacht hat. Ein 18-jähriger Schüler hat bei Jugend forscht präsentiert, dass Schwarzkümmelöl bei Hunden gegen Zecken wirkt. Als These erstmal nur, denn da ist noch gar nichts wissenschaftlich bewiesen worden.

Tolle, coole Sache, haben wir auch sofort geteilt, aber haben uns natürlich gleich die Frage gestellt ob das auch für Katzen gilt. Kann Frauchen das der Frau mit dem krummen Finger und der neuen Hüfte unbesorgt empfehlen, sodass unser Stiefkumpel Joschi nicht mehr mit Zecken nach Hause kommt?

Die Antwort ist: Nein. Können wir nicht beruhigt empfehlen.

„Aber wieso denn nicht?“ Möchte jetzt so mancher aufschreien. „Das wär doch so cool gewesen! Knoblauch und so darf ich schon nicht geben, da bleibt doch gar nicht mehr viel!“

Nein, da bleibt auch nicht viel, richtig.

Warum man Schwarzkümmelöl (botanisch „Nigella Sativa“) nicht an Katzen verfüttern sollte und auch nicht äußerlich anwenden sollte ist nämlich relativ einfach.

Ihnen fehlt in der Leber ein Enzym, das sog. Glucuronyltransferase (UGT1A6)1, welches für eine bestimmte Stoffwechselaufgabe unglaublich wichtig ist, nämlich die sog. Glucuronidierung. Diese sorgt dafür, dass u.a. auch viele Arzneimittel korrekt in der Leber abgebaut werden. Viele Medikamente, insbesondere Analgetika, wie Acetylsalicylsäure oder Paracetamol sind daher für Katzen sehr gefährlich, einige sogar in kleinen Mengen tödlich2. Im Zusammenhang mit dem in Hunde-Spot-Ons verwendeten, aber für Katzen hochgiftigen Permethrin hört man es ebenfalls. (Merke: Niemals Hunde-Spot-Ons für Katzen verwenden (!) ) Generell gelten alle Xenobiotika als Risiko. Damit sind Stoffe gemeint, die in der Natur so nicht vorkommen, neben Arzneimitteln zum Beispiel auch Umgebungsgifte wie der Flammschutz in Teppichen.

Jedoch ist der Vorgang der Glucuronidierung nicht nur für den Abbau von Arzneimitteln oder allgemein von Xenobiotika wichtig, sondern auch für den Abbau von Terpenen. Terpene sind sekundäre Pflanzenstoffe, die einen Großteil von Ätherischen Ölen ausmachen. Bei Küchenkräutern oder Gewürzen sorgen sie für den unverwechselbaren Geruch oder Geschmack. Dabei gibt es noch viele Untergruppen und nachdem wir jetzt schon so viele komische Wörter gelernt haben wollen wir euch nicht weiter verwirren. Daher ganz einfach: Katzen haben durch den Enzymmangel eben besagte sog. Glucuronidierungsschwäche und können Terpene nicht bzw. extrem langsam abbauen. Um eine ‚Ladung‘ Terpene abzubauen, benötigt die Katze ganze 48 Stunden3. Gibt man innerhalb dieser Zeit – oder regelmässig – die nächste ‚Ladung‘, dann würden sich diese in der Leber toxisch anhäufen und je nach Dosierung in kürzester Zeit oder auf Dauer schädlich sein und zu Vergiftungen, Leberschäden, etc. führen. Das ist dann nicht mehr lustig.

So das Grundprinzip an das man denken sollte, wenn man die Wörter „Ätherische Öle“ und „Katzen“ hört. Und an:

Cats are not small dogs – cats are weird!

 

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(q.e.d.)

Der Schwarzkümmel, der übrigens eine sagenhafte Wirkung bei verschiedenen Krankheiten bei Menschen hat, so sagenhaft, dass Nestlé seit 2010 versucht ein Patent darauf anzumelden, soll nur ca. 2% ätherische Öle enthalten. Wird das Öl kaltgepresst, dann soll auch der Gehalt an Terpenen geringer sein. Die Terpene  – obwohl nur so gering vorhanden – wirken übrigens auch bei Menschen schwach toxisch und können bei empfindlichen Menschen für kleine Rülpser oder Magenbeschwerden sorgen.

„Schwarzkümmel heilt jede Krankheit – außer den Tod“
 .                                                      (islamisches Sprichwort)

Wenngleich Schwarzkümmel nur einen geringeren Anteil an ätherischen Ölen beinhaltet gilt für uns ganz klar die „better safe than sorry“ policy. Um einen Schutz vor Zecken zu gewährleisten müsste es regelmässig angewandt werden. Es ist sicher nicht so schlimm wie Teebaumöl, aber nichtsdestotrotz haben toxische Stoffe, die sich nur anhäufen und nur minimal abgebaut werden können in der Katze nichts zu suchen. Die Anhäufung kann unbemerkt über einen längeren Zeitraum geschehen.

Hunde und Pferde haben wie Menschen diesen Enzymmangel übrigens nicht. Was im Umkehrschluß aber nicht bedeutet, dass diese automatisch jedes ätherische Öl vertragen können. Und da die Frage schon aufgekommen ist: Nicht jedes pflanzliche Öl enthält automatisch Terpene. Kokosöl enthält keine. Das hilft aber auch nicht solide gegen Zecken.

Nachtrag 21.05.2024:

Die Kleintierklinik Frank hat gestern in ihrer Instagram-Story ein Bild veröffentlicht, was wir sehr prägnant finden und für das wir die Erlaubnis bekommen haben es auch hier zu teilen. Wir hätten uns also das ganze Gesaller sparen können und nur das Foto zeigen müssen, dann sollte es jedem klar sein, von was wir hier reden:

Bei der Kleintierklinik Frank gibt es auch weitere prima Tipps, wie einen generellen Beitrag zu Zecken:

Die Gefahr im Grünen – Warum Zeckenprophylaxe so wichtig ist – bei Instagram

Bitte nehmt das Thema ernst. Es können viele ernsthafte Krankheiten durch Zecken übertragen werden – und es gibt viele Öle aus Mutter Natur, die harmlos erscheinen, aber für Katzen sehr gefährlich werden können.

 

 

  1. Buch: Heilpflanzenkunde für die Veterinärpraxis – Reichling u.a. (2008) []
  2. Buch: Krankheiten der Katze – Lutz, Kohn, Forterre (2014) []
  3. Buch: Essential Oils in Animal Care – Reagan, Bloomer, Thomason (2014) []