Reisebarf? Wat issn dat? Nun ja, würde dieser Artikel in einem staubig-steifen Magazin erscheinen, dann würde der Titel vermutlich so lauten: „Kann man aus gefriergetrockneten Zutaten eine komplette Barfmahlzeit herstellen, die man dann unterwegs füttern kann, wenn die Katze mit auf Reisen ist?“
Wie wir auf so eine schwachsinnige Idee (ist sie gar nicht *schwör* ) kommen?
Tja, lange, langweilige Geschichte. Das fing damit an, dass Frauchen immer wieder Ausschau nach Alternativen zu diesen Papp-Röhrchen mit gefriergetrockneten Snacks geguckt hat. Die kosten ja kein kleines Geld, aber als Snack sind die einfach klasse. Gefriergetrocknet bedeutet ja quasi: Alle Nährstoffe, nur ohne Wasser. Und das verspricht einen gesunden Snack.
Verschiedene Anbieter gibt es mittlerweile viele, aber bisher fanden wir die nicht alle wirklich lecker. Manche sehen komisch aus oder sind pappig, steinhart oder zerbröseln direkt zu Pulver. Bis Frauchen eines Tages die „Tasty Snack Freezees“ mit Wildfleisch bei Sandras Tieroase entdeckt hat. Da sind wir so ein bisschen hysterisch geworden, als wir die das erste Mal gerochen haben. Für mich sind die fast wie Hase. Konzentrierte, leckere Hasenbrocken *sabber*
Und weil die eigentlich für Hunde sind und da ganz schön große Brocken drin sind, welche Frauchen immer erst klein schneiden muss, kam ihr irgendwie die Idee mit dem Reisebarf. Durch die großen, unregelmässigen Brocken sieht man das erste Mal so richtig, dass es sich um echtes Fleisch handelt. Bei den kleinen Snacks für Katzen – zumeist in Würfelform – kommt das gar nicht richtig durch.
Bisher ist diese BARF-Variante mehr in den USA verbreitet. Dort bekommt man zum Beispiel Komplettmahlzeiten in Beuteln, bereits fertig gemischt. Nur noch das ursprünglich mal geklaute Wasser dazugeben und man hat eine richtige BARF-Mahlzeit, denn das spannende an dem Gefriertrocknungsverfahren ist, dass die Nährstoffe alle erhalten bleiben und nur das Wasser entzogen wird. Das hat einige Vorteile, wie zum Beispiel ein wesentlich geringeres Gewicht oder extrem lange Lagerzeiten, ohne irgendwelche Zusätze wie Konservierungsstoffe dazugeben zu müssen.
Kein Wunder, dass es seit einigen Jahren auch Mahlzeiten für Wanderer und Camper, also für Menschen gibt. Und in ein paar Minuten auch für Katzen. *Zwinkerauge*
Die Freezees gehören zwar jetzt zu unserem festen Snackplan, aber die Geschichte mit dem Reisebarf ließ sie nicht los. Vor 3-4 Jahren gab es kaum Anbieter für gefriergetrocknetes Fleisch, eigentlich gar keine für andere Innereien als Leber und wenn es zumindest Muskelfleisch gab, dann war es quasi unbezahlbar.
Also begab Frauchen sich auf die Suche und ist im Shop von Pura Petfood hängengeblieben. Cool, dort gab es auch Innereien und es war um einiges bezahlbarer, als beim letzten Mal, als wir uns mit dem Thema so intensiv beschäftigt haben.
Es gibt sogar fertige Mischungen für Hunde, aber die sind mit dem 70/30 Konzept (70 % Tierisches / 30% Pflanzliches) nicht unbedingt für uns Katzen geeignet. Wir bräuchten ja eher 95/5 oder mindestens 90/10. Also ist Selbermischen angesagt, was ja kein großes Problem ist, wenn man sonst auch die Mahlzeiten selbst zusammenstellt.
Sie hat dann gleich mal eine ganze Reihe von Sachen bestellt (und auch selbst bezahlt) und die große Hoffnung, dass selbst wenn wir den großen „Reisebarftest“ nicht bestehen, die Sachen immer noch als Snack mögen. Erste Versuche sind sehr vielversprechend 😉
Aber jetzt heißt es alle Sinne zu konzentrieren. Es geht um die großen Fragen: Kann man eine wertige Mahlzeit aus gefriergetrockneten Zutaten basteln? Und die wichtigste Frage: Werden wir Luxuskatzen das mögen?
Beginnen wir zunächst mal mit dem, was eine ausgewogene BARF-Mahlzeit ausmacht.
Die Katze ist über die Jahrmillionen auf viele kleine, ausgewogene Mahlzeiten angepasst. Während sich der Hund in einigen Punkten schon vom Wolf entfernt hat, ist die Katze sehr nah bei ihren Verwandten geblieben und auch wenn der Mensch es schon geschafft hat, das Mikrobiom einzelner Katzen durch hohe Kohlenhydratgaben zu verändern, hat dies meist doch einen hohen Preis für die Gesundheit. Da wir der Katze zwar Mäuse anbieten könnten (Preyfütterung), aber dabei auch verdammt arm würden, versucht man die Maus in irgendeiner Form nachzubauen. Wir hier bei den 3cats+2 werden gebarft, finden also unseren Mausersatz in Form von rohen „Tierteilen“ im Napf wieder. Welche das sind, hängt von der Mischung ab, aber wir benötigen zum Beispiel solche Nährstoffe wie Calcium, Taurin, Vitamin A, D, B1-12, Eisen, Jod, etc. Diese finden wir dann zum Beispiel in bestimmten Organen oder Fleischteilen besonders konzentriert. Klassiker sind dabei zum Beispiel die Leber, die vor allem Vitamin A einspeichert und deswegen besonders reich daran ist. Vitamin D kommt in Lachs besonders konzentriert vor, Eisen in Blut oder auch der Milz und so weiter. Jetzt benötigt die Katze eine Vielzahl von Nährstoffen, darf aber auch von einigen nicht zu viel bekommen und um das Ganze noch komplizierter zu machen, müssen einige auch in einem richtigen Verhältnis aufgenommen werden, wie zum Beispiel Calcium, Phosphor und Magnesium (der Idealwert für Ca : P : Mg liegt bei 1,3 : 1 : 0,06). Wir benutzen daher für unsere Kalkulationen unseren eigenen Nährwert-Rechner. Selbstgebaut, weil uns die anderen alle nicht gefallen haben oder sie gravierende Mängel hatten.
Damit zaubern wir uns dann mit ein paar Klicks eine leckere BARF-Mahlzeit oder auch selbstgekochtes Katzenfutter oder Snacks, oder…. Reisebarf 😉
Für unseren Versuch hatten wir jetzt folgende gefriergetrockneten Zutaten aus dem Sortiment zur Verfügung:
- Wild-Muskelfleisch
- Strauß-Muskelfleisch
- Lachsfilet
- Rinderniere
- Rindermilz
- Straussenleber
Und damit das insgesamt einheitlich gefriergetrocknet bleibt, hat Frauchen die noch am besten für uns Katzen geeignete Gemüsequelle „Gurke, Apfel, Thymian“ mitbestellt. Thymian finden die meisten Katzen sogar nett, es ist aber auch ein Heilkraut, weswegen es eigentlich nicht so oft dazugegeben werden sollte. (Anmerkung: Als wir bestellt haben, gab es die Suplemento-Pulver noch nicht)
Auf Lunge oder Magen haben wir verzichtet, weil die zu bindegewebsreich sind und damit keinen wirklich Mehrwert haben, eher im Gegenteil.
Um mit den ganzen Zutaten ordentlich rechnen zu können, weil wir hier ja quasi nur die Trockensubstanz haben, haben wir den jeweiligen Wasserverlustfaktor zuerst wieder mit draufgerechnet. So können wir am Ende auch wieder einfacher umrechnen, welche „trockene Menge“ wir benötigen, um unser Reisebarf zu basteln.
Unsere Umrechnungstabelle hat uns dann zum Beispiel folgendes ausgegeben:
Nassmenge Rezept | Menge Freeze-Dried | Wasser zufügen |
15 | 0.75 | 14.25 |
10 | 3.45 | 6.55 |
10 | 2.70 | 7.30 |
20 | 5.41 | 14.59 |
90 | 24.32 | 65.68 |
7 | 1.71 | 5.29 |
152 | 38.34 | 113.66 |
Sobald wir die Nassmenge ändern, werden uns die anderen benötigten Werte angezeigt, denn wie viel Wasser wir am Ende wieder zugeben sollten, müssen wir ja auch wissen.
Aus den einzelnen Zutaten bekommen wir schon das meiste an benötigten Nährstoffen heraus, allerdings fehlt noch der Hauptdarsteller Calcium, welcher sonst in Knochen zur Verfügung steht, als auch Taurin, weil uns das generell zu unsicher ist und wir immer Taurin hinzufügen, sowie ein paar „Nebenschauspieler“ wie Jod oder Vitamin E.
Wir fügen also noch ein paar Sachen hinzu, die man auch völlig problemlos mit auf Reisen nehmen könnte:
- Eierschalenpulver
- Taurin
- Meersalz
- Seealgenmehl
- Vitamin E
Bei nicht ganz 100% gesunden Katzen würden wir jetzt noch etwas Vitamin-B-Komplex oder Milchhefe hinzugeben, um auch da auf der sicheren Seite zu sein.
Mit den etwas eingeschränkten Zutaten sind wir natürlich auch in den jeweiligen Mischungen etwas eingeschränkt. Aber selbst wenn Miez eine Allergie auf Rind hätte blieben noch ein paar Mischungen übrig.
Wir haben unser „Rezept“ für eine Tagesmahlzeit Reisebarf jetzt fertig und gehen ans abwiegen. Eine Feinwaage sollte bei diesen Kleinstmengen natürlich mit in die Reisetasche wandern und auch wenn man nach langjährigem Barfen geübt im Augenmaß ist, sollte man hier doch wieder anfangen, die Sachen abzuwiegen. Alleine auch, um Kosten zu sparen, weil man mit Augenmaß meist doch lieber etwas mehr dazugibt.
Das Abwiegen und tunen:
Und fertig ist unsere Tagesration für einen 5 kg Kater:
Dabei stellen wir dann fest, dass die Verpackung von den Produkten etwas ungeschickt ist. Der einzige Hinweis auf den Inhalt ist das große Papieretikett, dessen Loch für die Befestigung man mit dem Öffnen entfernt. Hat man viele schwarze Packungen, dann kann man die Inhalte nur schwerlich auseinanderhalten. Wir haben also vorsichtshalber mit einem weißen Edding nachgebessert.
Hat man alles abgewogen, dann schneiden wir das noch in etwas mundgerechtere Stücke und geben schließlich das Wasser dazu. Zuerst mal nur einen Teil (90 ml von 113) und wir beobachten, wie das Wasser aufgenommen wird.
Nach 40 Minuten ist das Wasser immer noch nicht ganz weg und wir warten noch ab, ob wir den Rest überhaupt hinzugeben. Allerdings ist die verbleibende „Suppe“ schön fleischig, weswegen die Chancen gut sind, dass es mitgesüppelt wird.
Nach weiteren 20 Minuten ist immer noch etwas Suppe da und wir entscheiden uns, das restliche Wasser nicht mit dazuzugeben. Der Einweichprozess dauert also rund 30-40 Minuten. Danach ist das Muskelfleisch sehr schön eingeweicht und fast wieder wie frisches Fleisch. Auch die Struktur ist noch erhalten geblieben. Gemüse, Lachs und Leber sind ebenfalls schön weich. Nur Milz und Niere sind etwas störrisch. Die müssten am besten noch kleiner geschnitten werden oder noch weitere 20 Minuten einweichen – am besten mit etwas Animation durch Herumdrücken mit der Gabel 😉
Es riecht auch sehr intensiv. Empfindliche Nasen könnten damit ein Problem haben. Für die Katzen könnte das ein Pluspunkt sein. Könnte! *zwinker*
Der große Akzeptanztest folgt:
Normalerweise würde ein 5 kg Kater jetzt die Hälfte von den 150 g bekommen bei 2 Fütterungen pro Tag, dann würde die andere Hälfte solange in den Kühlschrank wandern, aber wir haben zum Testen jetzt die ganze Ration bekommen – als Sonntagskuchen quasi.
Joah, Frauchen ist richtig überrascht. Linus hat sofort zugeschlagen, der hat eigentlich auf der Kratzsäule gepennt und ist nachdem Frauchen ihm das vor die Nase gehalten hat sofort runtergekommen und hat gefuttert.
Und ich, ich habe im Esszimmer oben auf dem Wandbett gepennt und bin auch direkt runter, ich durfte dann auf dem Katzbalkon mein Reisebarfdebüt geben. Erst habe ich mal alles an Sud weggesüppelt und dann habe ich mich über die Brocken hergemacht. Mhhhm, lecker. Hat Frauchen jetzt auch nicht mit gerechnet, dass mir das so gut schmeckt. Und eigentlich waren wir ja alle noch satt und haben geruht, da kann man uns mit normalen Sachen eh nicht aus dem Bettchen locken.
Mit anderen Worten: We like Reisebarf!
Eröffnet auch neue Optionen, falls Frauchen mal vergessen hat was aufzutauen. Das jeweilige Abwiegen könnte man ja auch auf einmal machen und die Mischungen gleich in bedarfsgerechte Portionen packen. Oder Protipp: wenn man mal einen fleischigen Sud zum Päppeln braucht, dann könnte man das auch zu Pulver zermahlen und mit Wasser als vollwertige Flüssigmahlzeit anbieten. Wenn man das restliche Wasser noch dazugibt, dann könnte das sogar für eine Spritze geeignet sein.
Rein theoretisch kann man sich das Herumgerechne natürlich auch sparen und reines Muskelfleisch und ein Komplettsupplement nehmen. Wir wollten jedoch unbedingt auch die Innereien ausprobieren, weil in natürlichen Zutaten eben mehr als nur die nackten Vitamine, Mineralien und Spurenelemente stecken und weil Frauchen neugierig war, wie die Akzeptanz bei Niere und Milz ist. Wir finden gefriergetrocknete Leber nämlich toll, aber frische Leber wird nur ‚mitgefuttert‘, muss also entsprechend klein oder versteckt sein. Milz und Niere mögen wir nur in einer einzigen Mischung von Paul & Paulina so richtig, richtig gerne, die anderen müssen uns auch untergejubelt werden. Umso spannender also, dass der große Akzeptanztest so erfolgreich verlaufen ist.
Über Gefriergetrocknetes:
So „unnatürlich“ es auch erscheinen mag. Gefriergetrocknete Sachen, die im Ursprungszustand roh waren, behalten alle Nährstoffe oder bei Pflanzen auch ihre sekundären Pflanzenstoffe. Während es bei anderen Trocknungsverfahren wie dem Dörren oder Lufttrocknen zwangsläufig zu ca. 40% Nährstoffverlust kommt, bleibt bei der Gefriertrocknung alles erhalten.
Und ihr so? Reist ihr auch mit euren Gefrierschranköffnern durch die Gegend? Seid ihr dann vielleicht auf Dose und würdet euch über das Reisebarf richtig freuen? Maunzt uns mal was.
Anmerkungen:
Wir nennen hier Produkte, betrachten uns aber nicht als Influencer und werden auch kein „Werbung“ an diesen Artikel pappen, da dieser Artikel nicht einfach einen Superkater mit Katztralkörper zeigt, der sich auf dem Bett räkelt und irgendein Produkt empfiehlt, sondern weil mit eigenem Wissen und eigener Erfahrung unter Zeitaufwand von mehreren Stunden für euch, liebe Leser, ein neues ‚Produkt‘ geschaffen wurde, das man auch mit anderen Produkten von anderen Anbietern hätte herstellen können. Der Blog ist nach wie vor werbefrei und läuft auf eigene (Hosting-)Kosten, was bedeutet, dass wir zu Arbeit, Zeitaufwand und Kosten nichts anderes von diesem Artikel haben, ausser ein gutes Gefühl, die Welt mit gutem Content ein bisschen besser gemacht zu haben 😉
Der Artikel wurde von Frauchen noch gegengelesen. Frauchen ist zertifizierte Ernährungsberaterin für Katzen und Hunde. Es werden in dem Artikel absichtlich keine Mengenangaben des Musterrezepts angegeben, da die Erfahrung gezeigt hat, dass nicht alle Katzen gleich sind und schon gar nicht deren Halter, was schon zu den kuriosesten Rezept-Interpretationen geführt hat. Es ist wichtig, die Grundlagen zu verstehen und nicht auf Forumblogfacebookgelehrte zu hören. Auch auf uns nicht. Am Ende geht es zwar nur um Essen, aber so wie Nahrung auch Medizin sein kann, kann sie auch krank machen.
Was für ein tolles Produkt ! In der Schweiz haben wir noch nie gefriergetrocknetes Futter gefunden. Wir reisen nicht, aber das ist als SOS-Mahlzeit sehr interessant. Schnurren